Frau Ministerin, Herr Professor Kuhn, lieber Herr Rippl, verehrte Frau Rippl, sehr verehrte Damen und Herren,
muss man erst alt sein, um mit mutigen Taten und großen Werken anerkannt
und berühmt zu werden ? -- Und warum ist das wohl so ? Das fragte Stiftungspräsident Dr. Seidel bei seiner Rede im Bundespräsidialamt in Berlin.
Als die Europäische Kulturstiftung 2002 bei Bundespräsident Johannes Rau in Berlin den Muskauer Fürst-Pückler-Park mit dem Europäischen Gartenkulturpreis auszeichnete, war Pückler schon 131 Jahre tot. Doch die Welt wurde wieder auf sein Werk der Gartenkunst aufmerksam und es ist auf Anregung der Stiftung durch die UNESCO inzwischen zum Weltkulturerbe erklärt worden. Auch Sie, lieber Herr Rippl, mussten erst alt werden, um für ihre früheren Werke geehrt zu werden.
Wir verdanken es sensiblen Menschen, dass große Kulturwerke bewahrt bleiben und nicht im Zeit-Geist in Vergessenheit geraten oder gar untergehen.
Mit der Kultur ist es so wie mit dem Sport, dem Film, der Politik. Ist man erst einmal berühmt geworden, stellen sich viele mit auf das berühmte „Treppchen“ der Ehre und Anerkennung. Doch bevor das Werk oder der Mensch berühmt wurde, mussten Taten vorausgehen.
So war es auch mit den Landschaftsparkwerken Pücklers und anderen ostdeutschen Garten-kulturwerken und mit Muskau, Branitz und Fürstlich Drehna. Dass sie als große Werke erkannt und bewahrt wurden, verdanken wir vielen sensiblen und weitsichtigen Menschen. Vielen ehren-amtlichen Helfern. Vielen Liebenden. Sie haben nicht nur begehrt, sondern selbstlos gegeben und Werke erhalten und neu geschaffen. Und es gab in den letzten Jahren auch viele Regierende in Land, Kreis und Stadt, die Weitblick zeigten, ein offenes Ohr hatten und tatkräftig geholfen haben. Ihnen allen möchte ich dafür (ohne namentliche Erwähnung) Anerkennung und Dank aussprechen.
Es ist das große Verdienst von Helmut Rippl, dass das Bewusstsein für die grandiosen Parkschöpfungen in Ostdeutschland nicht verloren ging und sie bewahrt blieben. Als langjähriger Chef des Park-Aktivs des Kulturbundes der DDR, und als Denkmalpfleger, kämpfte Helmut Rippl für die Erhaltung der Parkwerke mit bescheidenen Mitteln und gegen den damaligen Zeitgeist. Er hatte den Mut, die Freiheit der Kunst und die Wahrheit der Wissenschaft zu verteidigen. Die in der Phase der Aufklärung, am Beginn der Industrialisierung, durch die Grafen, Fürsten und Könige geschaffenen Garten-Werke, waren vielen DDR-Funktionären suspekt. Und bei einem Vortrag für die notwendige Erhaltung und Bewahrung von Pücklers Erbe sagte ein Funktionär zu Helmut Rippl:
Seine Doktorarbeit wurde deswegen nicht angenommen und er blieb ein Opfer des damaligen DDR-Zeitgeistes. Wie dem Geigen-Bauer allein der Klang der Geige dankt, so dankten Rippl für seinen jahrzehntelangen ehrenamtlichen Einsatz allein die prächtigen Bäume und das Park-Wunder der Natur.
Frau Ministerin, ich rege an, die Landesregierungen und die Universitäten von Brandenburg und Sachsen möge erwägen, Helmut Rippl zur noblen Wiedergutmachung seiner Verletzungen mit einer Ehren-Professur oder einer Ehren-Promotion zu würdigen.
Helmut Rippl ist ein großer Meister für historische Gärten und Parks der europäischen Gartenkunst. Und wie bei allen genialen Menschen kann man sich bei solchen Meistern viele Worte sparen. Ihre Werke und ihre Taten überzeugen von sich selbst. Ich habe gelernt: Nur wenn ein Künstler wenig drauf hat und wenig kann, muss er über sich und sein Werk viel sprechen und es mit vielen Worten „interpretieren“. Es gibt nicht nur eine Inflation der Währung, sondern auch eine Inflation der Nichts-Könner.
Europa verfügt nur über wenige Fachleute, die über solches Wissen der Gestaltung von historischen Parks und Gärten verfügen. Rippl ist Meister des Spiel mit den Bäumen.
Für Rippl zählen Bäume zu den Ur-Metaphern für die Ewigkeit. Und wer wollte nicht gerne ewig leben? In der Natur und bei den Bäumen gibt es, wie bei den Menschen, Positionskämpfe und Reibungen. Aber Reibung erzeugt Wärme – und Wärme ist Leben.
Wir alle sollten nicht nur an uns denken, sondern auch etwas für die Zukunft tun. Wenn wir die atemberaubende Vielfalt der Schöpfung nicht wieder mit der Hoffnung und Neugier von Kinder-Augen sehen und mit dem Geist und Willen von Erwachsenen verteidigen und bewahren, besteht unser Leben bald nur noch aus verwalten, älter werden und sterben.
Auf Initiative von Otto Rind, Wolfgang Joswig und Helmut Rippl wurde die IBA Fürst-Pückler-Land ins Leben gerufen. Sie wird von Professor Rolf Kuhn und seinen Helfern tatkräftig umgesetzt. Dieses größte Landschafts-Gestaltungs-Projekt Europas wird eines Tages noch mehr Ruhm und Anerkennung erhalten als die Werke Pücklers.
Lieber Herr Rippl, Sie waren über viele Jahrzehnte - in gefährlicher Zeit - ein Stellvertreter Pücklers und ein Bewahrer seiner genialen Gartenkunstwerke in Ostdeutschland. Fürst-Pückler-Land wird Zukunft schaffen und "die Sehnsucht nach einem Arkadien in der Lausitz" immer wieder stillen.
Helmut Rippels Werk ist eine große Europäische Kulturtat.
Sie verdiente den Europäischen Preis für Gartenarchitektur.